Das „Projekt“ Geschlechter spezifische Medizin wird zu einer festen Einrichtung. Am 8. März startet der österreichweit erste Diplomlehrgang für Gendermedizin in Klagenfurt. Das Land finanziert 15 Kärntner Ärztinnen und Ärzten die Ausbildung.
„Wie Sie wissen, ist Kärnten seit 2021 österreichweit die erste Modellregion für Geschlechter spezifische Medizin, also für eine Medizin, die auf die Geschlechter Frau und Mann bei der Behandlung von Krankheiten Rücksicht nimmt. In der heutigen Regierungssitzung haben wir das Projekt in eine Strategie gegossen und eine fixe Koordinationsstelle im Amt der Landesregierung beschlossen“, teilte Gesundheitsreferentin Beate Prettner bei der anschließenden Pressekonferenz mit. „Insofern war die heutige Regierungssitzung so etwas wie die ‚zweite Geburtsstunde‘ für die spezifische Medizin für Frauen und Männer. Kärnten hat damit ein österreichweites Alleinstellungsmerkmal – und zwar zum Wohle der Gesundheit unserer Bevölkerung“, betonte die Gesundheitsreferentin.
Frauen und Männer haben verschiedene Symptome
Wie Prettner erklärte, seien Frauen und Männer anders krank – „sie haben unterschiedliche Symptome, unterschiedliche Krankheitsverläufe, reagieren unterschiedlich auf Medikamente. Daher müssen sie auch unterschiedlich behandelt werden. Das reicht so weit, dass Gendermedizin im wahrsten Sinne des Wortes Leben retten kann.“ Als Beispiel nannte sie den Herzinfarkt: Erleiden Frauen einen Herzinfarkt, zeigen sie meist andere und oft weniger dramatische Symptome. Der stechende Brustschmerz, der in den linken Arm ausstrahlt, bleibt bei Frauen oft aus. Stattdessen klagen sie häufig über Übelkeit, ein Symptom, das auch Ärzte nicht gleich mit einem Herzinfarkt in Verbindung bringen. Während Männer umgehend richtig behandelt werden, verstreicht bei Frauen wertvolle Zeit – sie sollten sich ausruhen, Traubenzucker zu sich nehmen oder die Beine hochlagern.
Auch ein Blick in „das Innere“ zeigt: Männer atmen 16 Mal pro Minute; Frauen 22 Mal; Männer haben ein um 50 Prozent größeres Lungenvolumen als Frauen; die Blutmenge bei Männern liegt bei rund 4,5 Liter; bei Frauen bei 3,6 Liter; der Fettanteil liegt bei Männern bei 15 Prozent, bei Frauen bei 27 Prozent; das Herz schlägt bei Männern rund 70 Mal pro Minute, bei Frauen 80 Mal; der Wasseranteil bei Männern liegt bei 60 bis 70 Prozent, bei Frauen bei 50 bis 60 Prozent.
Die Liste ließe sich noch lange weiterführen. Es liegt jedenfalls auf der Hand, dass alle diese Unterschiede sehr wohl Auswirkungen auf Krankheitssymptome und Krankheitsverläufe haben und damit auch auf die Behandlung haben müssen.
Gesundheitsreferentin Beate Prettner
Laut der Landesrätin habe sich in den vergangenen drei Jahren das Bewusstsein für Geschlechter spezifische Medizin spürbar und merklich entwickelt. „Man erkennt immer mehr, wie richtig und wichtig dieser differenzierte Aspekt in der Medizin ist.“
Modellregion basiert auf drei Säulen
In Kärnten fußt die Modellregion auf drei Säulen: „Wir wollen die Bevölkerung sensibilisieren. Das tun wir mit Vorträgen und Veranstaltungen in den Gemeinden. Wir wollen die Geschlechter spezifische Medizin in der Ausbildung von Gesundheits- und Pflegeberufen verankern. Das tun wir seit drei Jahren. Und wir wollen für bereits aktive Gesundheitsberufe wie ÄrztInnen, Pflegekräfte etc. Weiterbildungen anbieten. Diesbezüglich starten wir heuer im Frühjahr mit einem „Highlight“: Und zwar haben wir den österreichweiten ersten Diplomlehrgang zur Gendermedizin nach Kärnten geholt.
Der 4-semestrige Diplomlehrgang startet am Internationalen Frauentag, also am 8. März“, teilte die Gesundheitsreferentin mit. Das Besondere daran: Das Land Kärnten wird 15 Kärntner ÄrztInnen den Lehrgang finanzieren. Die Kosten belaufen sich pro Person auf 6.800 Euro. Sehr erfreut zeigte sich Prettner darüber, dass sich bereits einen Tag nach der Zustellung des Informationsschreibens zehn ÄrztInnen aus dem niedergelassenen Bereich gemeldet haben. Zehn weitere Bewerbungen liegen aus den Krankenanstalten vor.
Diplomlehrgang steht allen tätigen ÄrztInnen offen
Die Auswahl der BewerberInnen erfolgt unter anderem durch ein ausgewogenes Verhältnis von Frauen und Männern sowie von ÄrztInnen aus dem niedergelassenen Bereich und dem Spitalsbereich. Die TeilnehmerInnen sind in der Folge verpflichtet, als MultiplikatorInnen tätig zu sein. Der Diplomlehrgang steht allen in Österreich tätigen ÄrztInnen bei Selbstzahlung offen.
Geleitet wird der Lehrgang von Univ.-Prof. Dr.in Margarethe Hochleitner.