Laut KSV1870 gab es in Kärnten in den ersten sechs Monaten 2024 gesamt 186 Unternehmensinsolvenzen. Im Vergleich zum gleichen Zeitraum im Jahr 2023 entspricht dies einem Anstieg von 5,7 Prozent bzw. 10 Fällen. Die vorläufigen* Passiva sind wegen der großen Insolvenzen rund um die „ASAP-Gruppe“ auf 240 Millionen Euro angestiegen.
Im ersten Halbjahr 2024 wurden 102 Insolvenzfälle bei Kärntner Unternehmen eingeleitet. Darüber hinaus wurden 84 weitere Anträge auf Insolvenz aufgrund fehlender Vermögenswerte der Schuldner abgelehnt. Insgesamt gab es somit 186 Unternehmensinsolvenzen im 1. Halbjahr 2024, was einem Anstieg von 5,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum entspricht. Auffällig ist die Veränderung innerhalb der Fälle: 36 Prozent mehr Eröffnungen und nahezu 17 Prozent weniger abgelehnte Anträge.
Die Verschiebung hin zu den eröffneten Verfahren ist sehr erfreulich und ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Transparenz in der Wirtschaft. Ein eröffnetes Verfahren bedeutet eine geordnete Aufnahme der Schulden, Prüfung auf Anfechtbarkeiten, gleichmäßige Gläubigerbefriedigung, eine Analyse hinsichtlich strafbarer Handlungen und vor allem eine Chance auf Sanierung.
Mag. Barbara Wiesler-Hofer, Leiterin des KSV1870 Standort Kärnten
Kärnten verzeichnet siebtgrößte Steigerung
Die Insolvenzen von Unternehmen haben sich im österreichischen Durchschnitt im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 26 Prozent erhöht. Alle Bundesländer verzeichnen Zunahmen, mit Ausnahme von Tirol. Kärnten weist im bundesweiten Vergleich mit einem Anstieg von 5,7 Prozent die siebtgrößte Steigerung auf. Vor Kärnten liegen das Burgenland (+84 %), Vorarlberg (+82,4 %), Wien (+36,2 %), Oberösterreich (+34,2 %), die Steiermark (+29,1 %) und Niederösterreich (+12,1 %).
Insolvenztreiber in Kärnten
Das Insolvenzgeschehen in Kärnten wird weiterhin von Betrieben aus den Bereichen Handel, Beherbergung/Gastronomie und Bauwirtschaft dominiert. Diese drei Branchen prägen die Insolvenzstatistik seit vielen Jahren und sind derzeit für fast die Hälfte aller eröffneten Insolvenzfälle verantwortlich. „Angesichts eines in Österreich recht hohen Preisniveaus, etwa beim Faktor Energie, leiden diese Branchen unter ihrer energieintensiven Tätigkeit ganz besonders“, erklärt Wiesler-Hofer.
Großinsolvenzen rund um die „ASAP-Gruppe“
Während der Corona-Pandemie gab es einen Trend zu kleineren Insolvenzfällen, derzeit sind wieder deutlich mehr größere Fälle zu verzeichnen. Auch, aber nicht nur wegen der Großinsolvenzen rund um die „ASAP-Gruppe“, sind die vorläufigen* Passiva auf 240 Millionen Euro angestiegen. Unter den fünf größten Insolvenzen befinden sich vier Fälle der „ASAP-Gruppe“. Die ASAP Production GmbH, die ASAP Trading GmbH, die ASAP 62 EUR GmbH und die Silent Yachts Explorer 100/1 GmbH, Klagenfurt – vorläufige Passiva rund 140 Mio. Euro – sind gemeinsam für fast 60 Prozent der Passiva in Kärnten verantwortlich.
Die nächstgrößeren Insolvenzfälle sind das Sanierungsverfahren ohne Eigenverwaltung der Almdorf Seinerzeit „Touristik“ Aktiengesellschaft in Patergassen mit Passiva von 24,3 Millionen Euro sowie die Konkursverfahren rund um die Ilgenfritz Gruppe (Ilgenfritz Vertriebs GmbH, Ilgenfritz Produktions GmbH, Ilgenfritz Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH & Co KG, Ilgenfritz Beteiligungs- und Verwaltungs GmbH, I & K Vieh- und Fleischhandel Kärnten GmbH) mit Passiva von 13,2 Millionen Euro.
Es ist davon auszugehen, dass die jüngsten Insolvenzentwicklungen in Richtung Jahresende ihre Fortsetzung finden werden. Demnach ist aus heutiger Sicht zu erwarten, dass die Gesamtzahlen 2024 etwa auf dem Niveau von 2019 zu Fall kommen, das wären rund 325 Fälle.
Barbara Wiesler-Hofer
*) Die Passiva für das erste Halbjahr 2024 sind vorläufige Werte und beziehen auf den Stichtag der Hochrechnung, den 05.06.2024. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.
Unternehmensinsolvenzen 1. Halbjahr 2024
(Hochrechnung)
Kärnten | 2024 | 2023 | Veränderung | |
Eröffnete Insolvenzen | 102 | 75 | + | 36,0 % |
Nicht eröffnete Verfahren (mangels kostendeckenden Vermögens) | 84 | 101 | – | 16,8 % |
Gesamtinsolvenzen | 186 | 176 | + | 5,7 % |
Geschätzte Insolvenzverbindlichkeiten* in EUR | 240 Mio. | 26 Mio. | + | 823,1 % |
Die geschätzten Insolvenzverbindlichkeiten dürfen nicht mit den tatsächlichen Verlusten aus Insolvenzen gleichgesetzt werden. Zu berücksichtigen sind Quotenzahlungen im Rahmen von Sanierungsplänen, Ausschüttungen aus Verwertungen von Konkursmassen sowie Sonderrechte aufgrund von Aus- und Absonderungsrechten. |
Gesamtinsolvenzen nach Bundesländern, 1. Halbjahr 2024 | ||||||
Bundesland | Fälle 2024 | Fälle 2023 | + / – | Passiva 2024 in Mio. EUR | Passiva 2023 in Mio. EUR | + / – |
Wien | 1.242 | 912 | 36,2 % | 3.700 | 345 | 972,5 % |
Niederösterreich | 584 | 521 | 12,1 % | 500 | 263 | 90,1 % |
Burgenland | 173 | 94 | 84,0 % | 45 | 20 | 125,0 % |
Oberösterreich | 357 | 266 | 34,2 % | 185 | 137 | 35,0 % |
Salzburg | 157 | 153 | 2,6 % | 250 | 63 | 296,8 % |
Vorarlberg | 93 | 51 | 82,4 % | 80 | 25 | 220,0 % |
Tirol | 148 | 167 | -11,4 % | 4.500 | 83 | 5321,7 % |
Steiermark | 368 | 285 | 29,1 % | 1.500 | 130 | 1053,8 % |
Kärnten | 186 | 176 | 5,7 % | 240 | 26 | 823,1 % |
Gesamt | 3.308 | 2.625 | 26,0 % | 11.000 | 1.092 | 907,3 % |