LH Kaiser gibt einen verpflichtenden Kärntner Integrationsvertrag in Auftrag, der auch Konsequenzen vorsieht. LHStv. Gruber fordert gesetzliche Änderungen, die mehr digitale Überwachung und die Nachschau in Privatunterkünften von Asylberechtigten ermöglichen. Zudem wird ein TikTok-Verbot gefordert.
Das Messerattentat von Villach wurde am Samstag, 15. Februar 2025, „von einem bisher unauffälligen syrischen Asylberechtigten begangen, der sich innerhalb kürzester Zeit über TikTok radikalisierte und erst zwei Tage vor dem Anschlag den Treueschwur auf den Islamischen Staat (IS) geleistet hat“, so das Land Kärnten. Der von Landeshauptmann Peter Kaiser initiierte Sicherheitsgipfel des Landes Kärnten befasste sich am Dienstag, 18. Februar 2025, mit der schrecklichen Tat und fordert vor allem auch entsprechende gesetzliche und präventive Maßnahmen. Kaiser und LHStv. Martin Gruber informierten darüber in der anschließenden Pressekonferenz.
Sie appellierten für gesellschaftlichen Zusammenhalt und insbesondere auch dafür, den am Dienstag um 18.00 Uhr in Villach geplanten Trauerzug würdig zu begehen und nicht zu instrumentalisieren. Hingewiesen wurde zudem auf Angebote für Menschen, die psychologische Hilfe brauchen, und auf die im Herbst eingerichtete Koordinierungsstelle für Extremismus-Prävention.
„Klares Nein zu einer Bürgerwehr“
Vom Sicherheitsgipfel gab es auch ein klares Nein zu einer Bürgerwehr: „Die Polizei ist jenes staatliche Organ, das dafür sorgt, dass Österreich und Kärnten zu den sichersten Regionen der Welt zählen“, machte Kaiser klar.
Der Landeshauptmann drückte seine tiefe Erschütterung aus und sprach den Opfern sowie deren Familien neuerlich sein Mitgefühl aus. Seinen Dank richtete er an alle, die nach dem Attentat im Einsatz standen und stehen.
Es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um den Standard von Schutz und Sicherheit immer wieder zu verbessern. Entsprechende Maßnahmen müssen wir geschlossen auf den Werten der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit umsetzen.
Landeshauptmann Peter Kaiser
Als Gesellschaft seien wir nur stark, wenn wir uns nicht spalten lassen, so Kaiser, der Verständnis für Wut, Zorn und Angst äußerte, die aktuell die Bevölkerung plagen. Es gelte, wieder jene Normalität herzustellen, die wir mit unseren westlichen Werten leben. Prävention sei dabei ein wichtiger Teil, „und hier sind wir alle als Zivilgesellschaft eingebunden“.
Überwachung von Messengerdiensten
Was gesetzliche Regelungen betreffe, seien insbesondere die EU und der Bund gefordert, so Kaiser weiter. In erster Linie seien der Schutz der heimischen Bevölkerung und die Stärkung der inneren Sicherheit zu forcieren. Das umfasse auch eine Personalaufstockung bei der Exekutive und bei den nachrichtendienstlichen Aktivitäten. Der Landeshauptmann bezog sich auch auf Soziale-Medien, über die aufhetzerische Videos verbreitet werden:
Wir müssen diese Plattformen dazu bringen, aktiv nach demokratiefeindlichen Inhalten zu suchen und diese gar nicht erst zuzulassen. Und es braucht eine verfassungskonforme Überwachung von Messengerdiensten.
Landeshauptmann Peter Kaiser
Kärntner Integrationsvertrag samt Konsequenzen in Auftrag
Eine europaweit bessere Vernetzung sei im Bereich Asylwesen und Integration gefordert. Kaiser pochte hierbei auf das verpflichtende Integrationsjahr. In und für Kärnten werde in seinem Auftrag gerade an einem eigenen Integrationsvertrag inklusive Konsequenzen gearbeitet. So sollen zum Beispiel Deutschkurse, Wertevermittlungen und gemeinnützige Arbeit an Sozialleistungen gekoppelt werden. „Es muss hier Anreize und Sanktionsmöglichkeiten geben“, betonte Kaiser. International seien verstärkt Rückkehrprogramme zu verhandeln und Konzepte für freiwilliges Heimkehren zu verstärken. „Klar sein muss, dass Asyl ein zeitlich limitierter Status ist.“
Nachschau in Privatunterkünften von Asylberechtigten
Gruber sprach in der Pressekonferenz von einer Zäsur im Alltag der Kärntnerinnen und Kärntner. Die Betroffenheit, Angst und Verunsicherung seien enorm. Das habe er unter anderem auch über seine Frau erfahren, die an der Schule des beim Attentat getöteten Kärntners unterrichtet. Gruber fordert gesetzliche Maßnahmen, die für mehr Überwachung sorgen, damit die Exekutive früher einschreiten kann. Explizit nannte Gruber die digitale Überwachung, insbesondere von Messenger-Diensten, und auch die Nachschau in Privatunterkünften von Asylberechtigten – auch ohne entsprechenden Anlass. „Ja, das sind Eingriffe in persönliche Freiheiten, aber wir müssen sie für unsere Sicherheit zulassen“, betonte er als Forderung an eine neue Bundesregierung.
Verbot von TikTok gefordert
Gefordert wurde von LHStv. Gruber auch ein generelles Verbot von TikTok, also jener Plattform, über die sich der Attentäter von Villach radikalisiert hat. Unternehmen, die die Grundlagen für ihre Algorithmen nicht darlegen, seien in die Schranken zu weisen. „Wenn TikTok der Nährboden für Radikalisierung und Gewalt ist, dann müssen wir ihn eben trockenlegen“, fand Gruber deutliche Worte. Von einer neuen Bundesregierung forderte er auch diesbezüglich ein entschiedenes Vorgehen.
Gewalt wird von uns nicht geduldet. Wir werden uns als Gesellschaft zur Wehr setzen. Wir brauchen dafür mehr Geschlossenheit und dürfen uns nicht spalten lassen.
LHStv. Gruber
Vertreter aller Landtagsparteien beim Sicherheitsgipfel
Beim Sicherheitsgipfel waren neben Regierungsmitgliedern, Einsatz- und Rettungsorganisationen, Fachleuten und Behörden auch die Vertreter aller Landtagsparteien anwesend. Landesrat Daniel Fellner dankte im Gremium allen, die in dieser Ausnahmesituation so vorbildlich reagiert haben. Als Bildungsreferent teilte er mit, dass die gute und wichtige Arbeit von Schulpsychologie und Rotem Kreuz in den Schulen fortgesetzt werde.
Landesrätin Sara Schaar wünschte den betroffenen Familien viel Kraft. Derzeit seien 2.105 Personen in Kärnten in der Grundversorgung, die Quote betrage 50,58 Prozent. Der Täter sei nicht in der Grundversorgung. Schaar gab bekannt, dass aktuell das Kärntner Integrationsleitbild überarbeitet werde. Zudem verwies sie auf die Koordinierungsstelle Extremismus-Prävention, an die man sich wenden könne, wenn bei Menschen im Umfeld entsprechende Veränderungen wahrgenommen werden: „Es wird jedem Fall von Fachleuten nachgegangen.“ Weiters machte Schaar auf psychologische Hilfe bei der AVS und in den Kinderschutzzentren aufmerksam.
Landesrat Sebastian Schuschnig betonte, dass die Situation keine Relativierung dulde. Er forderte Entschlossenheit und dass bestehende Gesetze, auch auf Verfassungsebene, überdacht werden. „Politik und Gesellschaft müssen größtmögliche Geschlossenheit erkennen lassen“, appellierte er.
Landtagsabgeordneter Günter Leikam rief dazu auf, sich von solchen Tätern nicht einschüchtern zu lassen. Es sei alles zu tun, um größtmögliche Sicherheit zu gewährleisten.
Klubobmann Erwin Angerer sagte, dass die Bevölkerung konkrete Maßnahmen erwarte: „Gesetze müssen den Organisationen die Möglichkeit geben, zu handeln.“
Klubobmann Markus Malle sagte, dass man „Asylwerbende nicht 24 Stunden lang alleine lassen“ soll. In diesem Sinne sprach er sich für eine entsprechende Arbeitspflicht aus.
Klubobmann Gerhard Köfer sagte, dass man vom Reagieren ins Agieren kommen müsse. Er forderte einen nationalen Plan gegen den radikalen Islamismus.
Koordinierungsstelle Extremismus-Prävention
Die neue Koordinierungsstelle für Extremismus-Prävention ist unter 0664/80 536 33010 oder [email protected] zu erreichen.