Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche in ganz Europa verschont auch die Kärntner Wirtschaft nicht. Die Konjunkturflaute treibt in Kärnten die Anzahl der Firmeninsolvenzen in die Höhe.
Die Zahl der Firmeninsolvenzen ist nach einer kurzen Entspannungsphase im 2. Quartal 2024 im 3. Quartal 2024 um rund 69 % gestiegen und liegt derzeit so hoch wie in keinem anderen Quartal seit 2010.
Insgesamt verzeichnen wir in Kärnten nach drei Quartalen einen Anstieg der Firmeninsolvenzen um 19,05 % gegenüber dem Vergleichszeitraum 2023. Bei den am Landesgericht eröffneten Firmeninsolvenzen kam es zu einem markanteren Anstieg von 44,23 % (von 104 eröffneten Insolvenzverfahren im 1. bis 3. Quartal 2023 auf 150 eröffneten Firmeninsolvenzen im 1. bis 3. Quartal 2024), womit Kärnten nach Vorarlberg (+65,31 %) und Burgenland (+48,78 %) eine der höchsten Steigerungsraten in Österreich aufweist.
Der Zenit bei der Häufigkeit der Insolvenzen ist jedoch derzeit noch nicht erreicht. Im Vergleichszeitraum 2010 lagen die Höchstwerte um rund 15 % höher.
Hoher Sanierungsanteil
Nicht für alle Unternehmen bedeutet die Insolvenz das Ende. Durch Sanierungen im Rahmen der Insolvenz und den Verkauf von Geschäftsfeldern bzw. Teilbetrieben in Form des sogenannten „asset deals“ – wie zuletzt bei der insolventen Firma Enercharge GmbH in Kötschach, wo 2/3 der Mitarbeiter gehalten werden konnten – gibt es vielfältige Möglichkeiten. Mit diesen Maßnahmen können Arbeitsplätze und Geschäftsbeziehungen zu Gläubigern aufrechterhalten und wirtschaftlicher Schaden begrenzt werden. Dass diese Möglichkeiten von insolventen Unternehmen in Kärnten genutzt werden, zeigt der hohe Sanierungsanteil. Die mittels Sanierungsplänen abgeschlossenen Firmeninsolvenzen machen in Kärnten in den ersten drei Quartalen 2024 fast 38 % aus und liegen damit deutlich über dem österreichweiten Trend von rund 29 %.
In Kärnten sinkt somit auch das Niveau der insolventen Unternehmen, die im Rahmen der Insolvenz zerschlagen oder aufgelöst werden, leicht – von rund 55 % im Vergleichszeitraum 2023 auf 52,79 % im Jahr 2024.
Großinsolvenzen erreichen neues Niveau
In den vergangenen Monaten sind in Kärnten weiterhin die Einzelhandels-, Dienstleistungs-, Gastronomie- und Baubranche am stärksten von Insolvenzen betroffen, sowohl hinsichtlich der Häufigkeit als auch der Schwere der Insolvenzen. Die Zahl der Großinsolvenzen hat in Kärnten mit den Insolvenzen der „ASAP-Gruppe“ und Almdorf Seinerzeit im Jahr 2024 wieder ein neues hohes Niveau erreicht.
Weniger Schuldenregulierungsverfahren
Die Anzahl der Schuldenregulierungsverfahren in Kärnten ist im 1. bis 3. Quartal 2024 (486 Verfahren) im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2023 (524 Verfahren) um rund 7,25 % gesunken und liegt deutlich hinter dem Wert der ersten drei Quartale des Rekordpleitenjahres 2018 (591 Verfahren).
Durchschnittliche Verschuldung erhöht
Die Gesamtverbindlichkeiten der eröffneten Privatkonkurse haben sich im 1. bis 3. Quartal 2024 von EUR 43,37 Mio. (1.-3. Quartal 2023) auf EUR 41,9 Mio. verringert. Die durchschnittliche Verschuldung von Privatpersonen hat sich dennoch aufgrund der geringeren Anzahl an Privatinsolvenzen marginal erhöht, nämlich von rund EUR 88.200,00 im Vergleichszeitraum 2023 auf EUR 88.400,00.
Der Anteil der Männer im Bereich der Privatinsolvenzen liegt in Kärnten bei 61,82 %, der Frauenanteil beträgt 38,19 %.
Im 1. bis 3. Quartal 2024 konnte ein Anteil von 81,71 % mit einem Zahlungsplan abgeschlossen werden, während 16,26 % der Privatkonkurse in ein Abschöpfungsverfahren unter der Aufsicht eines Treuhänders mündeten.
„Keine Entspannung im Insolvenzsektor“
Derzeit könne vonseiten des AKV gesagt werden, dass trotz der Menge an Firmeninsolvenzen der Zenit noch nicht erreicht ist. Viele Unternehmen kämpfen mit einer gedämpften Nachfrage, höheren Löhnen und fälligen Krediten, etwa aus der Corona-Zeit. Zudem sei die Refinanzierung oft teurer bei schlechterer Zahlungsmoral und höheren Ausfallrisiken. Dies seien Indikatoren, die keine Entspannung im Insolvenzsektor erwarten ließen.
Der AKV rechnet daher für 2024 mit einem anhaltenden Anstieg der Firmeninsolvenzen in Kärnten um etwa 20 %. Auch 2025 werde diese Entwicklung nicht nachlassen. Die Firmeninsolvenzen würden sich voraussichtlich erst 2026 auf hohem Niveau stabilisieren.
Am Privatkonkurssektor zeige sich, dass die Kärntner privat robust aufgestellt sind und sie derzeit „noch jedem Sturm“ trotzen könnten. Da die Schuldensituation Privater bekanntermaßen erst mit einem erheblichen Verzögerungseffekt in der Privatinsolvenzstatistik aufscheine, sei hier mit keinem nennenswerten Anstieg zu rechnen. Der AKV schätzt, dass sich im Jahr 2024 die Privatinsolvenzen bei einer Anzahl von 650 Verfahren einpendeln werden.