Laut aktueller KSV1870-Insolvenzhochrechnung sind im Jahr 2024 in Kärnten 363 Unternehmen von einer Insolvenz betroffen. Gegenüber dem Jahr 2023 entspricht das einem Anstieg von 23,1 Prozent und etwa 38 Insolvenzfällen mehr als im „Normaljahr“ 2019.
Nach mehr als vier Jahren Pandemie und deren Folgen kämpfen die Kärntner Unternehmen heuer in vielen Bereichen mit steigenden Kosten. Gestiegene Fremdkapitalzinsen, Energie- und Personalkosten belasten die heimischen Betriebe spürbar. Zusätzlich hat sich das konjunkturelle Umfeld verschlechtert, wobei die unsichere wirtschaftliche Lage im Tourismus, einem für Kärnten wichtigen Bereich, eine zentrale Rolle spielt.
Klar ist, dass ein stotternder Wirtschaftsmotor insbesondere das Kauf- und Konsumverhalten negativ beeinflussen wird. In diesem Jahr gibt es mehrere große Insolvenzen und verstärkt auch mittelständische Betriebe bei den Landesgerichten. Insgesamt sind von den Pleiten 1.140 Beschäftigte betroffen, die sich nun auf dem Arbeitsmarkt wiederfinden. Auffällig ist, dass in diesen Fällen viele Gläubiger (plus 78 %) betroffen sind. Die Insolvenzen wirken sich damit auch auf andere Betriebe bzw. deren Geschäftspartner aus, was das Risiko von Folgeinsolvenzen erhöht.
Umso mehr Unternehmen in die Pleite rutschen, desto größer ist die Gefahr, dass infolgedessen auch finanziell gesunde Unternehmen über kurz oder lang mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben und den Anker werfen müssen.
René Jonke Leiter KSV1870 Region Süd
Bundesländervergleich: Kärnten liegt im Mittelfeld
Im österreichweiten Durchschnitt sind die Unternehmensinsolvenzen im Vergleich zum Vorjahr um 21,7 Prozent gestiegen. Alle neun Bundesländer verzeichnen deutlich mehr Firmenpleiten als im Vorjahr. Kärnten liegt im Bundesländervergleich mit 363 insolventen Unternehmen und einem Anstieg von 23,1 Prozent an vierter Stelle, hinter dem Burgenland (+52,1 %), Vorarlberg (+29,3 %) und Wien (+27,6 %).
Insolvenztreiber: Handel, Bau, Beherbergung/Gastronomie
Laut aktueller KSV1870-Hochrechnung verzeichnet der Handel (+46 %) mit 70 Firmenpleiten die meisten Insolvenzen, gefolgt von der Beherbergung und Gastronomie (+111 %). Auf Platz drei rangiert die Bauwirtschaft mit 42 Fällen und einem Anstieg von rund 14 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Diese drei Branchen – Handel, Beherbergung/Gastronomie und Bau – sind im Jahr 2024 für fast die Hälfte aller Unternehmensinsolvenzen verantwortlich.
Passiva*: Großinsolvenzen prägen die Entwicklung
Besonders großen Einfluss auf diese Entwicklung haben die fünf Großinsolvenzen in Kärnten, bei denen jeweils Passiva von über 5 Millionen Euro festgestellt wurden. Die größte Pleite des Jahres betrifft die ASAP-Gruppe mit Passiva in Höhe von 179,7 Millionen Euro.
Prognose für 2025:
Der KSV1870 erwartet für das kommende Jahr einen deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen in Kärnten. Das europäische Marktumfeld bleibt angespannt, und eine kurzfristige Verbesserung der konjunkturellen Lage ist derzeit nicht absehbar. Obwohl Kärnten mit seinem ausgewogenen Branchenmix aus Gewerbe-, Handwerks- und Tourismusbetrieben gut aufgestellt ist, kann sich die heimische Wirtschaft mittel- und langfristig nicht von den allgemeinen europäischen Entwicklungen abkoppeln.
Erschwerend kommt hinzu, dass derzeit gewährte Überbrückungskredite im Zusammenhang mit der Coronakrise zur Rückzahlung fällig werden. Bleibt das Kostenniveau in den Betrieben weiterhin hoch und wurden für die Rückzahlungen der Überbrückungskredite keine ausreichenden Rücklagen gebildet, werden einige Kärntner Unternehmen mit einer – in diesem Ausmaß bisher nicht gekannten – Liquiditätsproblematik konfrontiert sein.
Aus heutiger Sicht ist davon auszugehen, dass wir puncto hoher Insolvenzzahlen nicht am Ende des Tunnels angekommen sind, sondern uns mittendrin befinden.
Jonke
*) Die Passiva für das Jahr 2024 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 03.12.2024. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.