Bei Flugverspätungen oder -annullierungen haben Passagiere oft Anspruch auf Entschädigung, wobei für Pauschal- und Individualreisen unterschiedliche Regeln gelten. Die Fluggesellschaft ist zur Auskunft verpflichtet, doch das Nichterscheinen am Flugsteig kann zum Verlust des Entschädigungsanspruchs führen.
Flugverspätungen und -annullierungen sind häufige Probleme, die Reisende betreffen. Viele Passagiere sind unsicher, ob sie Anspruch auf Entschädigung haben. „Erste Ansprechpartnerin für Informationen zum annullierten oder verspäteten Flug ist die Fluglinie selbst, die auch gesetzlich verpflichtet ist, Auskunft zu geben – bei Pauschalreisen ist auch der Veranstalter Ansprechpartner. Fluglinien bieten online oder telefonisch aktuelle und ausführliche Informationen über den gebuchten Flug und informieren die Passagier:innen teilweise auch direkt, z. B. via SMS“, so ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner.
EuGH-Urteil: Entschädigungsanspruch bei Verspätungen über drei Stunden
Passagiere haben grundsätzlich Anspruch auf eine pauschale Entschädigung, wenn ein Flug mehr als drei Stunden verspätet ist, außer bei „außergewöhnlichen Umständen“. Die Entschädigungssumme variiert je nach Flugstrecke: 250 Euro für bis zu 1.500 km, 400 Euro für 1.500 bis 3.500 km und 600 Euro für Flüge über 3.500 km. Wenn die Fluggesellschaft einen Ersatzflug anbietet, kann die Entschädigung unter bestimmten Bedingungen halbiert werden.
Ein neues Urteil des Europäischen Gerichtshofs besagt, dass Passagiere ihren Anspruch auf Entschädigung verlieren, wenn sie nicht rechtzeitig am Flugsteig erscheinen – selbst wenn der Flug anschließend mehr als drei Stunden verspätet am Zielort ankommt – oder wenn sie eigenständig einen Ersatzflug buchen, mit dem sie weniger als drei Stunden verspätet an ihrer Zieldestination ankommen.
Das heißt konkret: Wenn ich bereits vor Abfahrt zum Flughafen weiß, dass mein Flug mehr als drei Stunden Verspätung haben wird und ich daher nicht zum Flugsteig gehe, sondern mich direkt um eine Alternative kümmere, verliere ich den Anspruch auf eine Ausgleichszahlung.
ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner
Verspäteter Urlaubsantritt oder am Flughafen gestrandet
Bei verspätetem Urlaubsbeginn ist zwischen Pauschal- und Individualreisen zu unterscheiden. „Bei kurzen Verspätungen, z. B. durch Streiks der Fluglinien, wird Pauschalreisenden durchaus zuzumuten sein, den Urlaub erst leicht verspätet anzutreten. Ein Recht auf Kündigung besteht in diesem Fall nicht, allenfalls kann eine Preisminderung geltend gemacht werden. Individualreisende können bei längeren Streiks zwar die Flugkosten zurückverlangen, müssen aber das gebuchte Hotel bzw. die anfallenden Stornokosten trotzdem bezahlen. Man kann höchstens versuchen, eine Kulanzlösung zu erreichen“, erläutert Pronebner.
Nach der EU-Fluggastrechte-Verordnung sind Airlines oder Veranstalter ab zwei Stunden Flugverspätung (je nach Distanz) zur Betreuung ihrer Kunden verpflichtet, unabhängig von der Verantwortung für die Verspätung oder den Ausfall. Verpflegung und Getränke können im Verhältnis zur Wartezeit konsumiert werden. Verschiebt sich der Flug auf einen anderen Tag, sind auch Hotel- und Transferkosten zu übernehmen.
In der Praxis werden jedoch nur sehr geringe Beträge erstattet, sodass die Kosten für die Verpflegung am Flughafen so gut wie nie gedeckt sind. Hier ist eine Anpassung der Fluggastrechte-Verordnung dringend nötig.
ÖAMTC-Juristin Verena Pronebner