Bei seiner Fertigstellung im Jahr 2025 wird der Koralmtunnel der sechstlängste Eisenbahntunnel der Welt sein. Derzeit befindet sich das Projekt in einer entscheidenden Phase, nämlich dem Beginn der Installation der Oberleitung.
Ende 2025 wird der Koralmtunnel zusammen mit der Koralmbahn in Betrieb genommen. Die zwei Tunnelröhren, die sich über 33 km durch die Koralpe erstrecken, gehören zu den beeindruckendsten Bauwerken weltweit. In der finalen Phase des Baus, welche die Ausrüstung mit Bahntechnik umfasst, sind nahezu ausschließlich österreichische Spezialisten für Bahntechnik tätig.
Bisher waren 655 Unternehmen beim Koralmtunnel direkt beschäftigt. Etwa 95 Prozent davon sind österreichische Betriebe, die sich in EU-weiten Ausschreibungen durchgesetzt haben. Aktuell sind immer noch 134 Auftragnehmer im Einsatz. Dazu kommen unzählige regionale Subunternehmen.
ÖBB-Projektleiter Klaus Schneider
Diese sind momentan damit beauftragt, 70 Querschläge, also Verbindungen zwischen den Tunnelröhren, mit Sicherheits-, Elektro- und Telekomtechnik auszustatten. Dabei werden unter anderem 2.000 Kilometer Kabel verlegt, 550 Verteiler montiert und 90 Klimaanlagen installiert.
Logistische Herausforderung
Die Realisierung stellt nicht nur technisch, sondern auch logistisch eine enorme Herausforderung dar. Laut Schneider ist der Tunnel lediglich über das Ost- oder Westportal zugänglich, da keine weiteren Zugangspunkte existieren. Aus diesem Grund kann der Weg zum Arbeitsplatz bis zu 90 Minuten dauern. „Ist das Material oder Werkzeug nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort, hat das große Auswirkungen“, so Schneider. Bereits mehr als die Hälfte des Tunnels wurde mit der notwendigen Technik ausgestattet. Bis zum Ende dieses Jahres sollen alle Hauptarbeiten abgeschlossen sein. Parallel dazu begann bereits im März die Installation der Oberleitung.
Heimisches High-Tech für den Koralmtunnel
Die logistische Bewältigung und bedeutende Teile der Bahntechnik liegen in den Händen des Vorarlberger Unternehmens Rhomberg Sersa Rail Group sowie der in Wien ansässigen PORR Group. Die für die Fahrbahn benötigten rund 13.000 Gleistragplatten wurden umweltfreundlich per Schiene aus dem Wöllersdorfer Stammwerk (NÖ) geliefert, welches zur MABA Fertigteilindustrie gehört, einem Unternehmen der Kirchdorfer Gruppe. Die Hochleistungsschienen, Hochgeschwindigkeitsweichen sowie die zugehörige digitale Technik zur Weichenüberwachung stammen von der voestalpine Railway Systems. Dieses Unternehmen ist weltweit führend in der Bereitstellung kompletter Bahninfrastruktursysteme.
Für das einheitliche Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System) trägt Siemens Mobility die Verantwortung. Das Unternehmen Sprecher Automation aus Linz gewährleistet mit seinen Automatisierungssystemen die sichere Übertragung und Überwachung der elektrischen und maschinellen Anlagenteile.
Bis zu 250 km/h Betriebsgeschwindigkeit
Die Installation der Oberleitung stellt eine besondere Herausforderung dar und ist komplizierter, als es zunächst scheinen mag. In Österreich verfügen nur wenige Unternehmen über das erforderliche Fachwissen und die notwendigen Qualifikationen für derartige Arbeiten. Für diese spezielle Aufgabe ist die ARGE Rhomberg Fahrleitungsbau GmbH & European Trans Energy GmbH verantwortlich. Der Tunnel wird für Betriebsgeschwindigkeiten von bis zu 250 km/h ausgelegt. Aufgrund von Verwirbelungen können lokal sogar Windgeschwindigkeiten von bis zu 350 km/h kurzfristig auftreten. Um solch hohe Geschwindigkeiten sicher und zuverlässig zu ermöglichen, wird eine sogenannte Deckenstromschiene verbaut.
Digitaler Tunnel hilft bei effektiver Wartung
Um die umfangreiche Technik des Koralmtunnels und anderer Bauwerke effektiv warten zu können, wurde ein sogenannter „digitaler Zwilling“ erstellt. Dieser Ansatz basiert auf dem Konzept des „Building Information Modeling“ (BIM), einer Methode, die für die vernetzte Planung, den Bau und die Bewirtschaftung von Bauwerken steht. Durch BIM können jederzeit detaillierte Informationen über Materialien, Mengen oder Leitungen abgerufen werden.
„Bahn frei für die Koralmbahn“
Derzeit sind auf der Baustelle des Koralmtunnels weit über 500 Menschen direkt beschäftigt, wobei pro Arbeitsschicht etwa 150 Personen im Tunnel arbeiten. Wenn man Dienstleister und Zulieferer einbezieht, sind es insgesamt weit über 1.000 Menschen, die am Projekt beteiligt sind. Die Hauptbauarbeiten sollen bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen werden. Anschließend beginnt für den Koralmtunnel sowie den steirischen Teil der Koralmbahn die sogenannte Inbetriebnahmephase. In dieser Phase stehen über mehrere Monate hinweg Tests, Messungen, Übungen, Proben und Schulungen auf dem Programm. Hinzu kommen zahlreiche behördliche Genehmigungen. Ende 2025 wird es schließlich heißen: „Bahn frei für die Koralmbahn“.
Die Koralmbahn im Überblick
Die Koralmbahn, die zwischen Graz und Klagenfurt verläuft, ist ein zentrales Element der neuen Südstrecke und eines der wichtigsten Infrastrukturprojekte in Europa. Sie umfasst eine neue Strecke von 130 Kilometern, davon 50 Kilometer in Tunneln, über 100 Brücken sowie 23 moderne Bahnhöfe und Haltestellen. Das Herzstück dieses Großprojekts ist der 33 Kilometer lange Koralmtunnel. Nach dessen Fertigstellung wird sich die schnellste Verbindung zwischen den Landeshauptstädten auf nur 45 Minuten verkürzen.